Freitag, 29. Juni 2018

Neue Geschichte

Tiny ist nun fertig - und es beginnen neue Geschichten.
Tiny wiegt 1700 Kg, davon 460 Kg Blei im Kiel (27%)
Bauzeit gut 3 Jahre (meist an Wochenenden)
Kosten: dreimal so viel, wie erwartet (mit Werftmiete und Werkzeug, ginge sicher billiger, wenn man nicht so edles Zubehör kauft).

3 Jahre später:

Tiny hat nun mehr als 2500 sm hinter sich. Das meiste hat sich gut bewährt. 

Was wir hätten besser machen können: 
  • Der Rumpf hätte mehr Epoxyd-Harz gebraucht! (Unterwasserschiff wurde nun professionell neu gemacht 15'000€)
  • Die Kielflosse sitzt zu eng im Kielkasten. Jedesmal beim Hochziehen habe ich Angst, dass es irgendwo "peng" macht und etwas reisst. (siehe unten....)
  • Das Ruder knarrt in der Aufhängung. Es hat etwas zuviel Spiel. und wie sich gerade zeigte: Die Schweissnähte der Aufhängung waren zu schwach und sind gerissen: In Wind und Welle maneuvrierunfähig: Distress-Notruf
5 Jahre später: 
  • Auch der Kiel wäre mit mehr Harz besser dran gewesen. Er klemmte schliesslich so, dass ich Angst hatte er werde den Kielkasten sprengen. Nun wurde er in einer Werft in Kiel ausgebaut: Bleibombe mit der Kettensäge längs durchgeschnitten, dann mit Hau-Ruck (Wagenheber und Kran) noch oben herausgezogen: Das Laminat konnte man einfach abwickeln! Eiche und Epoxy ist keine gute Kombination. Mahagony wäre besser gewesen. Die Finne musste über Wochen (bis in die nächsten Ferein hinein) getrocknet werden, es war sogar die Frage, ob man sie nicht ganz ersetzen solle. Nun wird sie aufgerauht und neu laminiert.
  • Der Fuss des Mastes knickte zusammen, die Wanten hingen durch: zu weiches Holz
  • Die Fussreling aus Buche: Keine gute Idee - Buche taugt nicht für den Schiffbau. Reling sitzt nicht fest.
6 Jahre Später:
  • Die Umlenkrollen für die Reff- und Mainsail-Leinen sind ausgerissen. Es geht ohne viel besser!
Aber sonst finden wir die Konstruktion (abgesehen von der gewollten Übertakelung - wir fahren oft mit Reff 1) gut: Ein schnelles Boot (wir fahren bei wenig Wind der viel grösseren Konkurrenz mitunter davon) das ab 4 Bft ins Surfen kommt, aber gegen Welle schnell stampft. 
Ab 6 Bft trauen wir uns nicht mehr auf Wasser. Wenn es uns doch erwischt: Vorm Wind nur mit Fog.

Der Motor braucht für lange Strecken einen Generator >2KW (Honda BF22) und das schnelle Ladegerät von Torqeedo, dann lädt der Generator auch während der Fahrt unter Motor (1KW, 4kn) die Batterie auf. Allerdings zieht dieses Ladegerät mehr als 6A, was nicht jede Stromversorgung am Steg zulässt. Dafür haben wir ja noch das langsame Ladegerät (300W). Und falls der Motor mal mit E47 versagt, zeigt sich der Service von Torqeedo ausgesprochen hilfsbereit! (Eine Anzeige "Notaus" auf dem Display hätte uns eine Havarie in Köln erspart.)

Nachdem der Torqeedo in der Flaute ausgefallen ist, (2020) haben wir uns noch einen kleinen Aussenborder zugelget. Der ist jetzt (2023) für längere Strecken unser treues Pöttpött geworden. Die Hafen-Maneuver fahren wir dagegen immer mit Torqeedo.

Kurz: es ist immer wieder ein kleiner Stolz, wenn wir ungläubig gefragt werden, ob wir mit diesem Boot wirklich aus Basel kommen und dann erzählen: "Klar! Den Rhein runter, Mittellandkanal, weitere Kanäle bis Lübeck, dann Mast setzen und nach Stockholm unter Segeln. - Ist übrigens selbstgebaut..."
und daran müssen wir uns dann erinnern, denn die oben erwähnten Bausünden kosten sündhaft viel Geld ...


Bericht über unseren Vortrag beim CCS-Thun am 9.10.2020 von Michael Gerber:

Montag, 11. Juni 2018

Segeln


Nun also bei bestem Segelwetter hinaus auf den Thuner See. Im Hintergrund sieht man die Berühmten Berge der Schweizer Zentralalpen: Jungfrau, Eiger und Mönch.



Die Segelei traf meine Erwartungen: auch bei leichten Winden springt Tiny gut an. Allerdings funktionierte die Windanzeige noch nicht, sodass Optimieren nur eingeschränkt möglich war. Den Genaker hatten wir nur im Hafen entfaltet. Er steht auch gut.

Merke: Auf dem See kennt jeder jeden! In den Hafen zurückgekehrt merkten wird, dass wir genau beobachtet wurden, dass etwa die Grossschot nicht dicht genug war, sodass das Gross zu bauchig segelte und damit Geschwindigkeitsverluste die Folge waren. Ja, ja, stimmt! Aber ich war schon froh, überhaupt vorwärts zu kommen.
Es zeigte sich, dass der Gleichrichter für den Motor (1KW) seinen Dienst quittierte, wenn ich bei laufendem Generator "Vollgas" gab. Er kam erst wieder, wenn die Last unter 1KW blieb. Immerhin zeigte die Batterie, die in den Tagen vorher per Tiefentladung in einen Zustand gekommen war, den sie gar nicht hätte erreichen können (Erweckung aus diesem Tot-ähnlichen Zustand nur durch die Torqueedo-Werkstatt, die aber keinen Fehler fand), dass der Motor bis zu 2.2KW verbrauchen konnte: Also der Gleichrichter muss durch einen stärkeren ersetzt werden.

Taufe

Nach altem Brauch wird ein Schiff auf einen Namen getauft und ist besonders im englischen Sprachraum weiblich. Sie soll also Tiny heissen, weil sie so winzig ist, und weil Yvonnes Traum ist: in einem Tiny-Haus zu wohnen.
Für die Taufpatin haben wir Eva, Yvonnes Tochter auserkoren. Sie hat keine roten Haare und hat auch darauf geachtet, dass sie nichts grünes anzog. (Empfehlung von Wikipedia). Da wir den Hafen und sein klares Wasser aber nicht mit Glasscherben verunzieren wollten, kam die Sektflasche in einen Beutel.
Die Taufe verlief dann so:


wünschen wir also Tiny (und uns) immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel.

Sonntag, 10. Juni 2018

Segel

Nachdem ich kurz vor Jahresende noch Segel bei Elvström bestellt habe, kam tatsächlich Beat Aebischer (Sailtex) ebenfalls noch vor Jahresende um die Segel auszumessen. Schon da fiel mir seine Gründlichkeit auf: Er wollte lieber die lange Reise (2 x 140km) auf sich nehmen, damit es nachher auch genau passt. Wir haben dann einen ganzen Vormittag vermessen.
Dann habe ich die Segel (Gross, Fock und Genaker) bezahlt und so warteten sie bei Beat, bis ich nun (Juni) endlich mit Boot in Thun eintreffe und wir das  Boot aufs Wasser setzen und den Mast aufriggen. Dann stellte sich heraus, dass ich den Jumper (oberste Verstakung des Mastes) viel zu fest angezogen hatte. Die bei stehendem Mast zu lösen, war schon ein wenig Zirkus-Akrobatik in der Höhe. Dann war das Vorstak für die Rollreffanlage zu kurz. Ich wollte schon aufgeben, aber Beat meinte: Fahr doch zu Bucher &Walt und hole ein neues.
Also kurz mal von Thuner See zum Neuenburger See (100 Km) und zurück. Dann hatte ich ein längeres Stak, das mm-genau abgelängt werden konnte.
So nebenbei meinte Beat freundlich: "Die Rolle dahinten fliegt dir bei etwas mehr Wind um die Ohren, nimm eine stärkere", oder als ich das Gross hochzog und mich recht mühen musste: "Weisst Du, warum das so schwer geht? Nimm mal lieber Rollen im Mastfuss anstatt Softschäkel, dann ist die Reibung kleiner". So fand er immer wieder Verbesserungspunkte - und mein Selbstbewusstsein schrumpelte dahin. Nicht dass er das etwa hochtrabend oder herablassend gesagt hätte, nein im Gegenteil, wirklich freundlich und hilfsbereit. Das Problem für mich war: Er  hatte jedesmal Recht!
Na schliesslich war alles montiert und passte. Ich möchte ihm an dieser Stelle ausdrücklich danken und ihn für Selbstbauer empfehlen; Seine Gründlichkeit und Erfahrung waren mir eine grosse Hilfe.
Ein Bonmot zum Schluss: In seiner Segelwerkstatt sind wir am Ablängen von Schoten. Da bittet er mich in seinem Berner Obländer-Dialekt: "Gib mir amol Zangere". Ich suche also nach einer Zange, finde keine, und weiss auch nicht recht, was er damit wollen könnte. Dann macht er eine weisende Handbewegung auf das andere Ende der Schot: Gib mir a mol z'angere = Gib mir mal das andere.




Mittwoch, 6. Juni 2018

Trailern

Tiny vor Alpenpanorama
Das Trailern wurde überraschend zu einer schweren Herausforderung: Kaum war ich mit dem Boot auf der Autobahn, als bei ca. 65 Km/h der Trailer um seine Hochachse zu pendeln begann. Schweissgebadet hielt ich an der nächsten Raststätte an, weil ich mich erinnerte, dass Gordan, der Anhängerbauer, einige Batterien in den Ankerkasten gestellt hatte mit der Bemerkung, dass  der Schwerpunkt zu weit hinten sei. Deshalb also: Um die Schwingungen zu vermeiden! Also die schweren Teile (Generator, Batterie) aus den Backskisten nach vorn auf den Bug.
Hecklastig!
Immerhin wurde das Schwingverhalten (etwas) besser. Kleine Bodenwellen im richtigen Rhythmus liessen den Trailer trotzdem pendeln. Diese Schwingungen zu dämpfen ist gar  nicht so einfach. Der beste Trick ist: Schneller fahren, dann zieht man das Gespann wieder glatt. Aber mit so einem pendelnden Anhänger auch noch Gas geben? Das muss man erst mal wollen!
Es war jedenfalls hin- wie rück (mit zusätzlichen 60l Wasser in PET-Flaschen im Ankerkasten) keine Freude.
Und auf keinen Fall mit dem Hänger am Haken durch ganz Deutschland (1000Km) an die Ostsee, das wurde ganz deutlich! Lieber den Rhein und die Kanäle entlang - was immer das bedeutet.