Tiny wiegt 1700 Kg, davon 460 Kg Blei im Kiel (27%)
Bauzeit gut 3 Jahre (meist an Wochenenden)
Kosten: dreimal so viel, wie erwartet (mit Werftmiete und Werkzeug, ginge sicher billiger, wenn man nicht so edles Zubehör kauft).
- Der Rumpf hätte mehr Epoxyd-Harz gebraucht! (Unterwasserschiff wurde nun professionell neu gemacht 15'000€)
- Die Kielflosse sitzt zu eng im Kielkasten. Jedesmal beim Hochziehen habe ich Angst, dass es irgendwo "peng" macht und etwas reisst. (siehe unten....)
- Das Ruder knarrt in der Aufhängung. Es hat etwas zuviel Spiel. und wie sich gerade zeigte: Die Schweissnähte der Aufhängung waren zu schwach und sind gerissen: In Wind und Welle maneuvrierunfähig: Distress-Notruf
- Auch der Kiel wäre mit mehr Harz besser dran gewesen. Er klemmte schliesslich so, dass ich Angst hatte er werde den Kielkasten sprengen. Nun wurde er in einer Werft in Kiel ausgebaut: Bleibombe mit der Kettensäge längs durchgeschnitten, dann mit Hau-Ruck (Wagenheber und Kran) noch oben herausgezogen: Das Laminat konnte man einfach abwickeln! Eiche und Epoxy ist keine gute Kombination. Mahagony wäre besser gewesen. Die Finne musste über Wochen (bis in die nächsten Ferein hinein) getrocknet werden, es war sogar die Frage, ob man sie nicht ganz ersetzen solle. Nun wird sie aufgerauht und neu laminiert.
- Der Fuss des Mastes knickte zusammen, die Wanten hingen durch: zu weiches Holz
- Die Fussreling aus Buche: Keine gute Idee - Buche taugt nicht für den Schiffbau. Reling sitzt nicht fest.
- Die Umlenkrollen für die Reff- und Mainsail-Leinen sind ausgerissen. Es geht ohne viel besser!
«Bau doch ein Segelboot!»
Manchmal sind es unbedacht hingeworfene Sätze, die das Leben in neue Bahnen lenken oder gar über den Haufen werfen. Bei Yvonne und Andreas Heertsch aus Arlesheim (BL) war es so. Drei Jahre vor seiner Pensionierung fand seine Partnerin, es sei jetzt an ihm etwas Neues zu wagen. Gesagt getan. Andreas bestellte sich Pläne einer kleinen Yacht, suchte sich einen geeigneten Raum und begann mit dem Bau. Am Oktober-Anlass der Regionalgruppe Thunersee des CCS erzählte das Paar, wie die Idee der «Tiny» entstanden war und welche Folgen der Selbstbau für die beiden hatte. Dabei wurde klar, dass Yvonne und Andreas nicht nur vor Ideen sprühen, sondern auch Energie für vier haben.
Ganz in der Nähe ihres Wohnortes fanden die beiden eine verlassene Werkstatt, die zuerst entrümpelt werden musste. Dann machte sich Andreas an die Arbeit und baute den Rumpf der Didi 26 aus Sperrholz Stück für Stück selbst. Wie in zahlreichen Video-Einspielungen dokumentiert wurde, war der Bau mit einer grossen Zahl von Überraschungen und situativen Problemlösungen verbunden. Alle Holzteile wurden mit einem Gewebe und Epoxid verstärkt und so vor Feuchtigkeit geschützt. Dieses Laminieren hat so seine Tücken, was in kurzen Videofilmen minutiös festgehalten wurde und am Vortrag für manche Lacher sorgte. Echtes Staunen und auch Bewunderung löste am CCS-Anlass jene Einspielung aus, die das Giessen der Bleibombe zeigt. Mit grossen Gasbrennern erhitzte Andreas zusammen mit zwei Helfern Bleibarren und füllte 450 Kilogramm flüssiges Blei in einer mehrstündigen Aktion in eine Betonform, die erst noch im dümmsten Moment auseinanderbrach. Wer jetzt denkt, dass Andreas und auch Yvonne, die einen grossen Teil des Innenausbaus ausführte, sich durch Rückschläge entmutigen liessen, irrt sich. Es waren gerade die Herausforderungen, die das Paar anspornten, die nächste Hürde zu schaffen.
Selbst gegossener Kiel |
Drei Jahre nach Baubeginn, im Frühling 2018, gerade zur Pensionierung von Andreas, war die acht Meter lange «Tiny» fertiggebaut. Yvonne und Andreas testeten sie zwei Tage auf dem Thunersee und feierten die Taufe ihres Eigenbaus. Der eingebaute Elektromotor funktionierte, die Segel standen gut und das Boot erwies sich als schneller Sprinter -vor allem bei leichten Winden. Nur der Trailer passte nicht so recht. Eine lange Fahrt auf der Strasse war auch nicht geplant. Nur wenige Wochen später kam das Boot in Basel in den Rhein und dann folgten viele weitere Abenteuer, wie die beiden am CCS-Anlass nur kurz skizzierten.
Auf https://segelbootbau.blogspot.com/ lassen sich der Bootsbau und die drei Reisen der «Tiny» nachverfolgen. Spannender als ein Krimi liest sich das Logbuch und es scheint fast, dass Andreas und Yvonne nur vor einem Angst haben – das Leben könnte langweilig werden. Ob Motorausfall auf dem Rhein, Bruch eines Backstages bei einer Patenthalse, Wassereinbruch oder Mayday-Ruf wegen eines gebrochenen Ruderbeschlages: Action pur war immer wieder angesagt. Wer Yvonne und Andreas kennen lernt, merkt aber auch, dass es sich hier um zwei sehr feinfühlige und reflektierte Menschen handelt, die gelernt haben, dass es nichts Spannenderes gibt, als neue Herausforderungen zu meistern. Im Sommer 2021 soll die Fahrt von Kappeln an der Schlei über Göteborg, den Göta Kanal und Stockholm bis zum nördlichsten Punkt der Ostsee, nach Töre führen. Man darf gespannt sein auf weitere begeisternde Berichte des segelnden Paares.
Michael Gerber
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